Statt eines Neuwagens einen gebrauchten Pkw zu kaufen, ist einerseits kostengünstiger. Andererseits naturgemäß mit potenziellen Risiken verbunden. Genauer gesagt mit einer erhöhten Reparaturanfälligkeit. Da klingt vermutlich in Deinen Ohren das Angebot, eine Gebrauchtwagengarantie abzuschließen, sinnvoll: „Da fühle ich mich gleich viel sicherer!” Fragt sich nur, ob dieses Gefühl berechtigt ist. Was, wenn diese Garantie gar nicht das umfasst, was Dir wichtig ist? Oder womöglich mit Nachteilen einhergeht? Dieser Beitrag hilft Dir herauszufinden, ob sich für Dich eine Gebrauchtwagen-Garantie auszahlt.
Was ist eine Gebrauchtwagengarantie?
Eine Gebrauchtwagengarantie ist eine Option beim Kauf eines gebrauchten Fahrzeuges. Ziel ist, die finanziellen Risiken infolge potenzieller Folgekosten (”hohe Reparaturrechnungen”) zumindest ein Stück weit absichern.
Definition
Da es für die oft als Reparaturkostenversicherung bezeichnete Gebrauchtwagen-Garantie keine ins Detail gehende verbindliche Definition gibt, hier die wichtigsten Punkte im Überblick:
Die Garantie für Gebrauchtwagen ist eine freiwillige Zusatzversicherung, die die meisten gewerblichen Kfz-Händler ihren Kunden beim Kauf anbieten. „Zusatz” deswegen, weil sie zur gesetzlichen Gewährleistungspflicht („Haftung für Sachmängel”) des Verkäufers hinzukommt und diese erweitert.
Die Gebrauchtwagen-Garantie greift während des vertraglich vereinbarten Zeitraums prinzipiell sobald an Deinem „neuen” alten Fahrzeug ein Schaden zu reparieren ist, der von der Garantie umfasst ist. Die Versicherung, über die die Garantie läuft, übernimmt dann die Instandsetzungskosten. Bestenfalls in voller Höhe, andernfalls anteilig.
Falls das für Dich verlockend klingt, solltest Du Dir keinen zu betagten Wagen aussuchen. Viele Gebrauchtwagenhändler bieten üblicherweise eine Garantie für Gebrauchtwagen nur für Kraftfahrzeuge an, die maximal acht, neun Jahre alt sind.
Sachmängelhaftung
Die Gewährleistung für Gebrauchtwagen beziehungsweise Sachmängelhaftung ist nicht mit der Gebrauchtwagengarantie der Händler zu verwechseln! Folgendes solltest Du beim Gebrauchtwagenkauf wissen:
Erstens: Die im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelte Sachmängelhaftung bietet Dir einen gesetzlichen Gewährleistungsanspruch gegen den Verkäufer. Die Händlergarantie basiert auf einem privatrechtlichen Vertrag, zu dessen Abschluss keine Seite verpflichtet ist.
Zweitens: Gewährleistung beim Gebrauchtwagen bedeutet, dass der Verkäufer dafür einsteht, dass das Auto im Zeitpunkt der Übergabe (§ 446 BGB) frei von Sachmängeln ist (§§ 433 Abs. 1, 437 Abs. 1 BGB). Das ist er gemäß § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB, wenn er die vereinbarte Beschaffenheit hat.
Hat der Verkäufer Dich über einen Mangel informiert, wäre dieser Vertragsbestandteil und Du könntest ihn später nicht als Sachmangel reklamieren!
Drittens: Stellst Du nach dem Gebrauchtwagenkauf fest, dass dem nicht so war, stehen Dir gemäß § 437 BGB prinzipiell bestimmte Rechte wie die Mangelbeseitigung zu.
Behauptet Dein Kfz-Händler im Schadensfall, dass die Gebrauchtwagengarantie die Sachmängelhaftung für Gebrauchtwagen ausschließt, ist das falsch! Laut § 443 BGB gilt die gesetzliche Mängelhaftung unabhängig von Deinem Garantieanspruch. Sollte die Gebrauchtwagen-Gewährleistung günstiger für Dich sein, kannst Du sie jederzeit beanspruchen.
Viertens: Bei neuen Verbrauchsgütern hättest Du grundsätzlich zwei Jahre Zeit (§ 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB), um Sachmängelansprüche geltend zu machen. Bei Gebrauchtwaren kann die Verjährungsfrist vertraglich auf maximal zwölf Monate reduziert (§ 476 Abs. 2 BGB) werden. Viele Gebrauchtwagenhändler nutzen diese Möglichkeit.
Sollte Deiner versuchen, seine Gewährleistung für Gebrauchtwagen per Vertragsklausel à la „Gekauft wie gesehen” auszuschließen, wäre diese Vereinbarung gemäß § 476 BGB unzulässig und unwirksam!
Was umfasst eine Gebrauchtwagengarantie – und was nicht?
Eine Gebrauchtwagengarantie umfasst die Kostenübernahme für notwendige Mängelreparaturen. Aber nicht zwingend für jeden Mangel und nicht zwangsläufig in voller Höhe.
Welche konkreten Ansprüche Du im Ernstfall in welchem Umfang geltend machen könntest? Darüber entscheidet ausschließlich der Inhalt Deiner Garantievereinbarung. Da es für diese keine gesetzlich standardisierten Regeln gibt („Vertragsfreiheit”), wird sie je nach Garantiegeber unterschiedlich ausfallen.
Umso wichtiger ist, dass Du die Garantiebedingungen vor dem Gebrauchtwagenkauf sorgfältigst durchliest!
Vorab ein kleiner Überblick dessen, was die Garantie theoretisch enthalten könnte.
Teil der Garantie
In Abgrenzung zu Verschleißteilen sind regelmäßig ausschließlich Sachmängel Teil der Garantie. Sei es, dass sie bereits im Zeitpunkt des Gebrauchtwagenkaufs vorlagen oder während der Garantiezeit auftreten.
Unter Sachmängel fallen neben den verstecken, sprich beim Kauf nicht erkannten Mängeln insbesondere atypische Defekte. Also solche, die bei anderen in puncto Alter/Laufleistung vergleichbaren Fahrzeugen eher nicht auftauchen. Zum Beispiel
- Federbruch infolge des ungewöhnlichen tiefen Rostes an der Feder
- Feuchtigkeit im Scheinwerfer
- Kolbenfresser, sofern kein Bedienungsfehler vorliegt
- defektes Automatikgetriebe aufgrund eines Konstruktionsfehlers
Liegt ein Sachmangel vor, ist damit die Kostenübernahme noch nicht gewährleistet. Womöglich ist ausgerechnet dieser Schaden im Garantievertrag nicht aufgeführt!
Geh davon aus, dass Deine Reparaturgarantie kein Komplettpaket ist, das alle wichtigen Fahrzeugteile berücksichtigt. Nutze folgende Übersicht, um rechtzeitig abzuschätzen, worauf es Dir besonders ankäme.
Wichtige Bauteile, die von einer Gebrauchtwagengarantie umfasst sein sollten | |
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Lenkung | mechanisches/hydraulisches Getriebe, Hydraulikpumpe mit allen Innenteilen, elektronische Bauteile der Lenkung |
Kraftübertragung | Kardan-/Achsantriebswellen, Antriebsgelenke |
Getriebe | Gehäuse für Schalt-/Automatikbetriebe, alle Innenteile inklusive Drehmomentwandler und Hauptmodul für elektronische Getriebeschaltung bei Automatik, Gehäuse für Front-/Heck-/Allradantrieb samt Innenteile |
Motor | Zylinderblock, Zylinderkopf (mit Kopfdichtung), Kurbelgehäuse, alle mit dem Ölkreislauf in Verbindung stehenden Innenteile, Zahnriemen bzw. Kette mit Spannrolle, Ölkühler, -wanne, -druckschalter ... |
Hydropneumatik | HD-Pumpe, Druckregler/speicher, Höhenkorrektor, Federkugel |
Bremsen | Hauptbremszylinder, Bremskraftverstärker/-regler/-begrenzer, Radbremszylinder |
Kraftstoffanlage | Elektronische Einspritzanlage mit allen Teilen, Steuergerät, Drosselklappensteuerung, Luftmengenmesser, Einspritzdüsen, Leerlauf-Steuerungsventil, Kraftstoffpumpe, Vergaser, Turbolader |
Kühlsystem | Kühler, Heizungskühler, Thermostat, Wasserpumpe, Kühler für Automatikgetriebe, Visco- beziehungsweise Thermolüfter |
Elektrik | Lichtmaschine mit Regler, elektronische Zündanlage mit Zündspule/-transistor und elektronischem Steuergerät, Anlasser, Klimanlage mit Kompressor, Kondensator, Lüfter und Verdampfer |
Sicherheitssysteme | Kontrollsystem für Airbags/ Gurtstraffer, serienmäßig gelieferte Wegfahrsperre mit allen wesentlichen Teilen, Zentralverriegelung ... |
Fahrdynamiksysteme | ABS, ASR, ASD (automatisches Sperrdifferential), ESP (elektronisches Fahrstabilitäts-Programm) und automatischer Vierradantrieb jeweils mit allen wesentlichen Teilen |
Quelle: www.bussgeldkatalog.org |
Ist ein Mangel/Ersatzteil von Deiner Gebrauchtwagen-Garantie abgedeckt, bedeutet das für Deinen Kostenerstattungsanspruches grundsätzlich folgendes:
- Die Arbeitskosten werden komplett übernommen.
- Die Materialkosten werden in voller Höhe oder je nach Laufleistung Deines Wagens prozentual erstattet. Ab etwa 50.000 Kilometern solltest Du mit einer Eigenbeteiligung rechnen.
nicht Teil der Garantie
Neben den im Garantievertrag ausgeschlossen Mängeln und denen, die Dir bereits vor dem Kauf bekannt waren, sind voraussichtlich auch diese Kostenpunkte nicht Teil Deiner Garantie:
- Verschleißteile – also jene Bauteile, die öfter mal auszutauschen sind, weil sie schon bei normalem Betrieb stärker abnutzen. Dazu zählen typischerweise Bremsbeläge, Lichtmaschine, Stoßdämpfer ...
- Unfallschäden
- Defekte, die durch von fremder Hand unsachgemäß durchgeführten Reparaturen entstanden sind.
Welche Vor- und Nachteile hat die Gebrauchtwagengarantie?
Die Gebrauchtwagengarantie hat einige Vorteile, weil sie über die gesetzliche Gewährleistung für Gebrauchtwagen hinausgeht – aber je nach Vertragsgestaltung auch Nachteile.
Vorteile
Zu den wichtigsten potenziellen Vorteilen der Gebrauchtwagengarantie der Händler zählen diese:
- „Zeitpunkt”: Es ist egal, ob der geltend gemachte Mangel schon beim Autokauf existierte oder später auftaucht – während für die gesetzliche Gebrauchtwagen-Gewährleistung der Übergabemoment entscheidet.
- „Haftungsrahmen”: Der Garantiegeber sichert Dir über die Sachmängelhaftung hinaus zu, dass das verkaufte Kraftfahrzeug über bestimmte Eigenschaften verfügt. Für eine Abweichung haftet er dann verschuldensunabhängig.
- „Beweispflicht”: Diese entfällt für Dich bei der Garantie, da es hier keine Rolle spielt, wann der Mangel vorlag. Anders bei der Gewährleistung für Gebrauchtwagen: In den ersten sechs Monaten müsste Dein Verkäufer beweisen, dass der Mangel bei Vertragsschluss nicht existierte. Ab dem siebten Monat musst Du den schwierigen Beweis erbringen („Beweislastumkehr”), dass es ihn schon bei der Fahrzeugübergabe gab.
- „Kein Werkstattzwang”: Sofern Du eine deutschlandweit gültige Garantie bekommst, kannst Du anfallende Reparaturarbeiten in einer Werkstatt Deiner Wahl durchführen lassen. Wohingegen bei der Gebrauchtwagen-Sachmängelhaftung nur die Werkstatt Deines Händlers in Betracht kommt, da er das Recht auf Nachbesserung hat.
Nachteile
Zu den typischen Nachteilen einer Reparaturgarantie gehören folgende:
- „Prämie”: Die Erweiterung der Sachmängelhaftung für Kfz ist natürlich nicht umsonst. Die Kosten (s. FAQ) sind häufig bereits Teil des Kaufpreises – erhöhen diesen also. Alternativ schließt Du die Garantie separat ab.
- „Leistungsumfang”: Ob Eigenbeteiligung oder Ausschluss bestimmter Leistungen/Bauteile – keine Garantie wird Dich finanziell hundertprozentig absichern.
- „Klauseln”: Denkbar ist, dass die Garantie an bestimmte für Dich ungünstige Bedingungen, beispielsweise „versteckte” Folgeschäfte wie regelmäßige Inspektionen in einer Vertragswerkstatt, geknüpft sind. Erfüllst Du sie nicht, erlischt Dein Garantieanspruch.
- „Schadensabwicklung”: Die ist insofern etwas kompliziert, als dass Du einen garantiepflichtigen Schaden erst Deinem Autohändler melden musst, bevor Du zwecks Reparatur eine andere Werkstatt einschaltest.
Wann lohnt sich eine Gebrauchtwagengarantie – und wann nicht?
Eine Gebrauchtwagengarantie lohnt sich nur dann, wenn sie unterm Strich Deinen Bedürfnissen entspricht.
lohnt sich
Überprüfe mittels dieser Fragen, ob Dich das Garantieangebot überzeugt:
- Bietet es Dir tatsächlich mehr Schutz als das Gewährleistungsrecht?
- Sind die aus Deiner Sicht besonders wichtigen Schadensfälle/Bauteile abgedeckt?
- Wie wichtig ist es Dir, dem Risiko der Beweislastumkehr bei der Gebrauchtwagen-Gewährleistung auszuweichen?
- Gibt es persönliche Gründe? Willst Du beispielsweise wegen des teuren Autokredites weitere finanzielle Belastungen durch etwaige Reparaturen reduzieren?
Darüber hinaus gilt folgende Regel: Die Garantie beim Gebrauchtwagenkauf lohnt sich bei relativ „jungen”, mit moderner Elektronik ausgestatteten Fahrzeugen der höheren Preisklasse eher – hier können Reparaturen richtig teuer werden – als bei älteren und einfacheren Modellen.
Bei einer Laufleistung bis etwa 50.000 Kilometer kann sich eine Garantie ebenfalls lohnen, da dann meistens die Eigenbeteiligung bei den Materialkosten noch nicht greift.
lohnt sich nicht
Im Umkehrschluss gilt: Je älter der „Neue” und/oder je höher seine Laufleistung, desto unwahrscheinlicher ist, dass sich eine Gebrauchtwagengarantie für Dich rechnet. So fallen bei mehr als 100.000 Kilometer voraussichtlich diverse Schadensfälle nicht mehr unter die Garantie. Zudem steigt mit der zunehmenden Laufleistung zugleich Deine Eigenbeteiligung.
FAQ
Wie viel kostet eine Gebrauchtwagengarantie?
Eine Gebrauchtwagengarantie kostet im Minimum etwa 100 Euro im Jahr. Denkbar sind aber auch bis zu 300 Euro und mehr. Ausschlaggebend sind häufig diese Faktoren:
- Fahrzeugalter und Laufleistung
- Fahrzeugmodell und Leistungsklasse (kW/PS)
- Garantielaufzeit und Leistungsspektrum
Wie lange habe ich Garantie auf ein gebrauchtes Auto?
Du hast im Regelfall ein Jahr Garantie auf ein gebrauchtes Auto. Eine längere kann vereinbart werden, eine kürzere nicht.
Kündigst Du den Garantievertrag nicht fristgerecht zum Ablauftermin, verlängert er sich üblicherweise automatisch („stillschweigend”) um ein weiteres Jahr!
Was zählt unter Gebrauchtwagengarantie?
Unter Gebrauchtwagengarantie zählt die vollständige, zumindest anteilige Übernahme der Instandsetzungskosten („Arbeits-/Materialkosten”), die infolge notwendiger Reaparturen entstehen – sofern der Schadensfall von der Garantie umfasst ist.
Kann man ein gebrauchtes Auto zurückgeben?
Ein gebrauchtes Auto kann man ausschließlich über das gesetzlich verankerte allgemeine Gewährleistungsrecht unter bestimmten Voraussetzungen zurückgeben. So muss der Händler beispielsweise im Schadensfall vorab die zweimalige Möglichkeit zur Nachbesserung bekommen haben.
Garantieverträge bieten keine Möglichkeit zum Rücktritt vom Kaufvertrag!
Ist ein Händler verpflichtet eine Garantie zu geben?
Ein Händler ist nicht verpflichtet, eine Garantie zu geben. Im Unterschied zur gesetzlich vorgeschrieben Haftung für Sachmängel liegt das freiwillige Garantieangebot allein im Ermessen des Gebrauchtwagenverkäufers.