Nach 4 Jahren Studium kann ich einen guten Einblick in den Studiengang Architektur geben.
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Nach 4 Jahren Studium kann ich einen guten Einblick in den Studiengang Architektur geben.
Die Anreise per Auto ist schwierig, da keine Parkplätze am Campus Design vorhanden sind. In den ersten Semestern ist die Bahnanreise auch nicht möglich, da in den ersten Semestern sehr spät am Tag noch Arbeitsphasen (ca bis 21/22 Uhr) stattfinden.
Man bekommt zwar zu Beginn jedes Semesters einen Stundenplan, jedoch erhält man diesem mit Glück am Abend vorher oder erst am Tag des Semesterbeginns.
Grundsätzlich ist die Organisation im Studiengang einfach nur eine Katastrophe und eigentlich kaum vorhanden. Es werden Exkursionen, Prüfungen und Vorlesungen kurzfristig verschoben (bis 1h vorher) und es wird trotzdem erwartet, dass man daran teilnimmt.
Die praktischen Aufgaben werden von Vorlesungen begleitet, die teilweise nicht mal thematisch dazu passen, sondern einfach nur die ETCs auffüllen sollen. Das ist leider nur Zeitverschwendung und hätte mit sinnvolleren Inhalten gefüllt werden müssen!
Im ersten Semester wird erwartet, dass man die Organisation der Shop-Box und das Essen der Dienstagsreihe übernimmt. Auch bei der Planung der Weihnachtsfeier wird man direkt eingebunden, wodurch man kaum Zeit hat für eigene Freizeitaktivitäten. Nicht desto trotz muss man sowohl jedes Jahr für die eigene Weihnachtsfeier und die Dienstagsreihe Eintritt (10 Euro pro Semester) zahlen. Hierbei ist die Teilnahme zwar freiwillig, jedoch wird auch hier erwartet, dass man teilnimmt.
In den letzten beiden Semestern sind auch häufiger (ca. 20-mal) Vorlesungen kurzfristig ausgefallen oder der Professor hat die Vorlesung vergessen, wodurch man umsonst nach Coburg gekommen ist. Im höheren Semester hat man nur vereinzelte Tage noch Präsenztage in Coburg, wodurch ein Nebenjob im Architekturbüro möglich und sinnvoll ist. Der Nebenjob bereitet einen mehr auf das Arbeitsleben vor und man lernt dort in den wenigen Stunden im Büro mehr, als während des gesamten Studiums.
Arbeitsräume sind in den ersten 4 Semester vorhanden und es wird auch erwartet in diesen zu arbeiten. Arbeitet man überwiegend zuhause, denken die Professoren man arbeitet nicht und das spiegelt sich auch im Notenbild wieder.
Das Praxissemester ist alles selbst zu organisieren, da der zuständige Professor nur geringfügig Hilfe gibt und auch nicht per Mail oder Telefon erreichbar ist.
Während Corona wurde zu Beginn auf Onlinevorlesung umgestellt, was bei vielen Professoren nur zu Missmut führte. So konnte man die unnötigen Vorlesungen aber wenigstens dazu nutzen nebenbei seinen Haushalt zu erledigen. Des Weiteren wurden Feiertage mit Vorlesungen eingeplant, da man „eh nicht in den Urlaub fahren könnte“.
Die Wahlfächer für den Studiengang Architektur sind dieselben wie für Innenarchitektur, Produktdesign und Bauingenieurwesen, wodurch es sein kann das man ein ungeeignetes Wahlfach erhält, was nicht zum eigenen Studium passt. Hierbei wäre es sinnvoll Wahlfächer anzubieten für CAD-Programme, Rendering, Bauantrag stellen, Kostenberechnung oder Einfamilienhausplanung, die einen für das späteren Arbeitsleben vorbereiten und dort nutzen.
Ein Semester war die Städtebauaufgabe die Reaktivierung einer Dorfmitte. Hierbei wurde Kautendorf bei Hof ausgewählt, wodurch die Anreise mit dem Semesterticket eigentlich unmöglich wurde und deshalb „nachhaltig“ auf Autoanreise umgestiegen wurde.
Leider liegt der Fokus im gesamten Studium auf dem Äußeren der Gebäude. Hierbei kommen Statik, Energieeffizienz und Ressourcen schonendes Bauen in Bezug auf die Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit viel zu kurz, da das vor allem in der späteren Arbeitswelt in Verbindung mit den Kosten am meisten im Vordergrund steht. Hierbei kam vor allem oft die Kritik, dass manche Details (z.B. Anschlusspunkte für Dachrinnen) zu konstruktiv seien und nicht ästhetisch wären.
Alle Abgaben und Aufgaben im Studium sind in Partnerarbeit zu leisten, außer die Bachelorarbeit und die Abgaben in Architekturgeschichte. Das soll auf die spätere Zusammenarbeit mit den Planern vorbereiten. Leider werden auch so Studenten durch das Studium mitgezogen, die schlechte oder gar keine Leistung erbringen, da beide Partner die gleiche Note bekommen, egal was und ob sie was geleistet haben. Es finden auch Partnerarbeiten mit den Innenarchitekten, jedoch waren diese nicht auf dem gleichen Wissenstand, weshalb die Zusammenarbeit eher schwierig war.
Das Thema der Bachelorarbeit wird für alle Studenten zentral festgelegt und es besteht keine Wahlmöglichkeit zu einem anderen Thema, da keiner von den Professoren den Ablauf dazu wüsste. Unser Thema war die Gestaltung eines Krematoriums, weshalb die Studierenden sich nach einer Zeit selbständig eine psychologische Beratung eingeschaltet haben, um mit dem Thema Tod umgehen zu können. Hierbei wurde leider der Fokus der Vorträge auf Bestattungsarten gelegt und nicht auf Friedhofsarchitektur. Exkursionen fanden zu dem Hersteller der Verbrennungsöfen von Ausschwitz und diverse Judenfriedhöfe besucht.
Leider gab es auch mit dem Prüfungsamt Probleme. Hierbei bei Anmeldungen zu Prüfungen oder bei der Verknüpfung mit den Wahlfächern. Bei der finalen Notenbekanntgabe, also das Bestehen des Studiums, wurden Ergebnisse, die bereits ein halbes Jahr vorher erfasst wurden, falsch übermittelt, dass alle Studenten erstmal durch das Studium gefallen sind. Die Fristen seitens der Professoren zur Notenbekanntgabe wurden vermehrt nicht eingehalten, wodurch die dualen Studenten Probleme mit den Arbeitgebern bekamen.
Leider muss ich rückblickend feststellen, dass es ein Fehler war in Coburg zu studieren und man lieber einen anderen Studienort wählen muss. Die Qualität der Vorlesungen und die Organisation war zum Ende des Studiums nicht mehr tragbar und ich bin mehr als froh, dass es vorbei ist.