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Vorfälligkeitsentschädigung: Wie hoch darf sie sein?

Wenn Du einen Kredit aufgenommen hast und ihn außerplanmäßig kündigen willst, musst Du eine Vorfälligkeitsentschädigung zahlen. Wie hoch diese ausfällt, hängt davon ab, um welche Art von Kredit es sich handelt. Doch es gibt Möglichkeiten, mit denen Du die Vorfälligkeitsentschädigung umgehen kannst.

Was ist eine Vorfälligkeitsentschädigung?

Wenn Du Dir von einer Bank Geld leihst, gehst Du damit einen Darlehensvertrag ein. Wenn Du den Kredit vorzeitig zurückzahlen willst und ihn kündigst, fällt die Vorfälligkeitsentschädigung an. Das ist eine Art Strafzahlung dafür, dass Du den Vertrag nicht einhältst und die Bank weniger Gewinn als laut Vertrag erwartet macht.

Eine Vorfälligkeitsentschädigung gibt es nur, wenn Du ein Festzinsdarlehen kündigst, also einen Kredit, bei dem die Zinsen über den vereinbarten Zeitraum unverändert bleiben. Das ist in Deutschland vor allem üblich, wenn Du eine Immobilie finanzierst.

Wie hoch ist die Vorfälligkeitsentschädigung?

Die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung, die Du an die Bank zahlen musst, wenn Du vorzeitig Deinen Kredit ablösen willst, hängt davon ab, um was für einen Kredit es sich handelt.

Ratenkredite

Hast Du einen Ratenkredit abgeschlossen, zum Beispiel für eine teure Küche oder ein neues Auto, hat die Bank keine Absicherung über eine Grundschuld. Seit Deutschland im Jahr 2010 die EU-Verbraucherschutzrichtlinie umgesetzt hat, ist die Vorfälligkeitsentschädigung bei solchen Krediten beschränkt. Es kommt jedoch darauf an, wann Du den Kredit unterzeichnet hast.

Bis einschließlich 10. Juni 2010: Hast Du Dein Darlehen vor diesem Datum unterzeichnet, gilt die EU-Verbraucherschutzrichtlinie nicht. Deshalb ist die Entschädigung an die Bank nicht gedeckelt. Es kommt alleine darauf an, was im Vertrag vereinbart wurde.

Nach dem 10. Juni 2010: Ab diesem Datum gilt die EU-Verbraucherschutzrichtlinie. Die besagt, dass sich die Entschädigung prozentual an der Restschuld orientieren muss. Würde Dein Kredit noch länger als 12 Monate laufen, darf die Vorfälligkeitsentschädigung höchstens 1 Prozent der Restschuld betragen. Würde der Kredit nur noch weniger als 12 Monate laufen, sinkt die maximale Entschädigung an die Bank sogar auf 0,5 Prozent der Restschuld. 1 bzw. 0,5 Prozent ist in der Regel weniger als der Zinssatz Deines Kredits – Du sparst also Geld, wenn Du das Darlehen vorzeitig zurückzahlst. Auch eine Umschuldung kann sich lohnen, wenn in der Zwischenzeit die Kreditzinsen gefallen sind.

Ein Beispiel

Du hast einen Kredit für Dein neues Auto in Höhe von 20.000 Euro mit 48 Monaten Laufzeit und 4,00 Prozent effektivem Jahreszins abgeschlossen. Du bekommst ein plötzliches Erbe und möchtest deshalb den Kredit nach 30 Monaten vorzeitig zurückzahlen. Du hast jeden Monat 450,94 Euro an die Bank bezahlt, dadurch ergibt sich eine Restschuld von 6471,80 Euro. Die Entschädigung an die Bank beträgt also 64,72 Euro. Deine Ersparnis beträgt 552,23 Euro, weil Du Dir durch die vorzeitige Rückzahlung die Zinsen für die nächsten 18 Monate in Höhe von 616,95 Euro sparst.

Baufinanzierungen

Bei Baufinanzierungen gilt die relativ einfache Rechnung von Ratenkrediten nicht, da Baudarlehen über ein Grundpfandrecht besichert werden. Die Bank hat also eine Sicherheit für den Fall, dass Zahlungen ausfallen, in der Regel die Immobilie selbst. Wie die Banken die Vorfälligkeitszinsen berechnen, ist oft sehr intransparent. Eine gesetzliche Deckelung gibt es nicht, deshalb kann die Entschädigung unter Umständen mehrere Tausend Euro betragen. Die Bank berechnet die Entschädigung mithilfe dieser Faktoren:

  • Restlaufzeit des Darlehens
  • Höhe der Restschuld
  • Derzeitiges Zinsniveau
  • Vereinbarter Zinssatz für Darlehen
  • Bearbeitungsgebühren

In der Regel berechnet die Bank, wie viel Gewinn sie gemacht hätte, wenn Dein Kredit normal weitergelaufen wäre. Davon zieht sie die Kosten ab, die sie durch die vorzeitige Kündigung spart – Du bekommst die bereits gezahlten Gebühren für den Kredit jedoch nicht zurück. Die Vorfälligkeitsentschädigung soll die Summe decken, bis der exakte Gewinn erzielt ist, die Bank also keinen finanziellen Schaden hat.

Wie kann ich die Vorfälligkeitsentschädigung berechnen?

Es gibt zwei Arten, wie Banken die Entschädigung der Vorfälligkeit berechnen: Die Aktiv-Aktiv-Methode sowie die Aktiv-Passiv-Methode.

Aktiv-Aktiv-Methode

Bei der Aktiv-Aktiv-Methode geht die Bank davon aus, dass sie das Geld, das sie von Dir bekommt, an andere Kunden weiterverleiht. Wenn Du Deinen Kredit vorzeitig kündigst, entsteht der Bank also ein Schaden, wenn der neue Kunde weniger Zinsen zahlt als Du.

Aktiv-Passiv-Methode

Weitaus geläufiger ist jedoch die Aktiv-Passiv-Methode. In diesem Rechenmodell nimmt die Bank an, dass sie mit Deinem Geld Wertpapiere kauft, für die sie dann Zinsen bekommt. So kompensiert sie den Ausfall Deiner Zinszahlungen. Um zu wissen, wie hoch die Entschädigung ist, musst Du berechnen, wie sich der Vertragszins gestaltet, den die Bank erhalten würde, wenn der Kredit weitergelaufen wäre. Außerdem musst Du berechnen, wie viel Rendite die Bank für eine genauso lang laufende Anlage am Kapitalmarkt machen würde. Die Differenz ergibt die Vorfälligkeitsentschädigung.

Es kommt nicht selten vor, dass die Banken nach der Kündigung vom Kredit die Vorfälligkeitsentschädigung zu hoch berechnen, weil es keine gesetzlichen Regelungen gibt. Für Dich als Kreditnehmer ist es schwierig, nachzuvollziehen, ob die Höhe gerechtfertigt ist. Deshalb ist es immer empfehlenswert, die Entschädigung von einem Experten überprüfen zu lassen.

Denn viele Banken rechnen zum Beispiel Sondertilgungsmöglichkeiten nicht ein. Wenn die Bank die Entschädigung berechnet, muss sie berücksichtigen, ob Sondertilgungen möglich gewesen wären. Dadurch hätte die Bank den Kreditbetrag reduzieren können, wodurch Deine Zinszahlungen gesunken wären. Also hätte die Bank weniger Verlust gemacht, und die Entschädigung würde niedriger ausfallen.

Bei der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung kommt es darauf an, welche Zinssätze die Bank ansetzt für die Wertpapiere, die sie mit Deinem Geld kaufen kann. Je niedriger die Zinsen, desto höher die Verluste, und desto höher auch die Entschädigung, die Du zahlen musst. Damit die Banken nicht aus Eigeninteresse absichtlich zu niedrige Zinsen ansetzen, hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass die Konditionen für Hypothekenpfandbriefe als Grundlage der Berechnung herangezogen werden müssen.

Außerdem dürfen Banken nicht den Zinssatz für die Restlaufzeit des Darlehens ansetzen, wenn sie den Wiederanlagegewinn berechnen. Stattdessen müssen sie einen gestaffelten Zins verwenden.

Des Weiteren muss die Bank in ihre Berechnung miteinbeziehen, dass sie Verwaltungskosten spart. Wenn Du den Kredit vorzeitig ablöst, spart sich die Bank Buchungen und Kontoauszüge. Für diese Kosten gibt es jedoch keine vorgegebenen Werte. Normalerweise verwenden Banken eine jährliche Pauschale, die zwischen 100 und 150 Euro liegt, und die sie auf die Restlaufzeit umrechnet.

Die Bank darf eine Bearbeitungsgebühr dafür verlangen, dass sie die Vorfälligkeitsentschädigung berechnet. Einige Banken lassen sich das bis zu 300 Euro kosten.

Der Kreditnehmer spart sich nicht nur Verwaltungskosten, sondern auch ein Darlehensrisiko. Wenn Du den Kredit komplett zahlst, entfällt für die Bank das Risiko, ihr Geld nicht mehr zurückzubekommen. Das muss die Bank zu Deinen Gunsten bei der Berechnung der Entschädigung berücksichtigen. Der Risikoteil des Darlehenszinses ist jedoch gering, da es keine gesetzlichen Vorschriften gibt. Die Banken geben ihn mit 0,01 bis 0,1 Prozent an.

Wann muss ich keine Vorfälligkeitsentschädigung zahlen?

Unter bestimmten Bedingungen kannst Du darum herumkommen, eine Vorfälligkeitsentschädigung zahlen zu müssen. Es gibt sechs Fälle, in denen Du Dir die Entschädigung sparst.

keine Widerrufsbelehrung

Wenn in Deinem Vertrag die Widerrufsbelehrung fehlt oder fehlerhaft ist, musst Du keine Entschädigung zahlen. Denn wegen der falschen Belehrung kannst Du den Vertrag jederzeit kündigen. Die Widerrufsbelehrung gilt beispielsweise als fehlerhaft, wenn die Adresse des Kreditgebers fehlt oder die Belehrung nicht eindeutig formuliert ist.

gesetzliches Kündigungsrecht

Hast Du einen Kredit mit einer Laufzeit von mehr als zehn Jahren, kannst Du nach zehn Jahren kündigen, ohne eine Entschädigung zahlen zu müssen. Für die Kündigung gilt eine Frist von sechs Monaten. Die Zehn-Jahres-Frist beginnt, sobald Du das Darlehen vollständig erhalten hast. Hast Du das Darlehen verlängert, ist der Zeitpunkt dieser Vereinbarung der Beginn der Frist.

Bauspardarlehen

Willst Du ein Darlehen aus einem Bausparvertrag vorzeitig zurückzahlen, musst Du grundsätzlich keine Entschädigung zahlen. Du kannst jederzeit, auch ohne dass Du Fristen beachten musst, kündigen.

Vertrag mit variablen Zinsen

Wenn Du einen Darlehensvertrag abgeschlossen hast, bei dem die Zinsen regelmäßig angepasst werden, hast Du grundsätzlich ein Kündigungsrecht mit einer Frist von drei Monaten. Eine Entschädigung musst Du nicht zahlen.

Kündigung durch die Bank

Wenn die Bank Deinen Kredit kündigt, zum Beispiel, weil Du die Raten nicht regelmäßig bezahlt hast, entsteht der Bank ein Schadensersatzanspruch gegen Dich. Außerdem musst Du Verzugszinsen zahlen. Eine Vorfälligkeitsentschädigung ist jedoch ausgeschlossen.

einvernehmliche Kündigung

Deine Bank muss keine Entschädigung verlangen. Sie kann zum Beispiel bei einer einvernehmlichen Kündigung darauf verzichten. Das kann der Fall sein, wenn Du den Vertrag mit geänderten Bedingungen weiterführst und ihr dadurch kein finanzieller Schaden entsteht. Das kann der Fall sein, wenn Du die Immobilie verkaufst und stattdessen eine andere kaufst, also ein Objekttausch stattfindet. Dein alter Kreditvertrag wird dann mit geänderten Sicherheiten und den alten Konditionen fortgeführt. Wichtig für die Bank ist, dass die neue Immobilie mindestens genauso viel wert ist wie die alte.

Die Bank wird auch auf die Entschädigung verzichten, wenn anstelle des bisherigen Schuldners ein anderer in den Vertrag eintritt. Für die Bank ist dann wichtig, dass der neue Kreditnehmer genauso kreditwürdig ist wie der alte. Dann entsteht für die Bank kein Nachteil.

Warum gibt es die Vorfälligkeitsentschädigung?

Verträge sind einzuhalten – das ist eine Grundregel von allen Geschäften. Wenn Du einen Darlehensvertrag kündigen willst, brichst Du den Vertrag. Die Vorfälligkeitsentschädigung ist also eine Art Strafe dafür. Die Bank hat weniger Gewinn, wenn Du Dein Darlehen vorzeitig ablösen willst.

Deinem Kreditgeber entsteht ein Refinanzierungsschaden, weil sie für Deinen Kreditzeitraum eine Anleihe vorgenommen haben. Nur so können Banken Kredite anbieten. Wenn sich der Zinssatz verringert hat, zu denen die Bank Dein Geld anlegen kann, entsteht ihr ein finanzieller Schaden. Sie kann das Geld nicht zu den gleichen Konditionen anlegen, wie zu dem Moment des Vertragsabschlusses. Die Vorfälligkeitsentschädigung gleicht diesen Schaden aus.

Außerdem entsteht der Bank ein Margenschaden. Wenn Du den Kredit früher zurückzahlst, entgehen der Bank Deine Zinsen.

Wie kann ich meinen Immobilienkredit ohne Vorfälligkeitsentschädigung schneller abbezahlen?

Bei Immobilienkrediten ist immer eine Entschädigung fällig. Doch es gibt Möglichkeiten, Deinen Kredit schneller abzubezahlen, ohne ihn zu kündigen, und so schneller schuldenfrei zu sein. So sparst Du Zinsen und kannst Du die Vorfälligkeitsentschädigung umgehen.

Sondertilgungen

Bevor Du einen Kredit nimmst, solltest Du darauf achten, dass Sondertilgungen möglich und im besten Falle sogar kostenlos sind. So kannst Du während der Vertragslaufzeit zusätzliche Raten zahlen. So tilgst Du Deinen Kredit schneller und umgehst über Sondertilgungen die Entschädigung.

Höhere Tilgungsrate

Je höher die Tilgungsrate, desto höher die monatlichen Raten, aber desto schneller bist Du schuldenfrei. Wenn Du es Dir leisten kannst, solltest Du die Tilgungsrate erhöhen. Bei vielen Krediten ist es möglich, dass die Tilgungsrate auch im Nachhinein erhöht wird. Darauf solltest Du bei Vertragsabschluss achten.

Sparen

Nach zehn Jahren fällt keine Entschädigung mehr an. Deshalb ist es ratsam, dass Du während der Laufzeit Geld sparst, damit Du den Kredit nach zehn Jahren kündigst und die Restschuld abbezahlst. So umgehst Du eine Anschlussfinanzierung oder verringerst sie zumindest.

Warum ist die Vorfälligkeitsentschädigung in anderen Ländern viel günstiger als in Deutschland?

Es gibt verschiedene Gründe, warum die Entschädigung in Deutschland höher ist als in anderen Ländern. In Großbritannien und Spanien sind beispielsweise variable Zinssätze bei Immobilienfinanzierungen üblich, deshalb entfällt die Entschädigung.

In den meisten anderen EU-Ländern ist die Entschädigung gesetzlich so geregelt, dass die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung den Schaden der Bank nicht ausgleicht. Das klingt für Kreditnehmer erst einmal gut, aber die finanziellen Schäden durch frühzeitige Rückzahlungen lagern die Banken auf alle Kreditnehmer um. Deshalb sind in Deutschland zwar die Entschädigungen höher als anderswo, dafür sind aber auch die Kredit-Zinssätze niedriger als im Rest der EU.

Wo finde ich einen passenden Umschuldungskredit?

Egal, ob Du Deinen Autokredit vorzeitig ablösen willst oder eine Immobilienfinanzierung kündigen willst: Es kann sich lohnen, den Kredit zu kündigen, und die Restschuld über einen Umschuldungskredit zu finanzieren. Das ist sinnvoll, wenn die Zinsen in der Zwischenzeit gesunken sind. In unserer Übersicht findest Du einen Umschuldungskredit, der zu Dir passt.